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Texten mit KI: zwischen Enthusiasmus und Erschöpfung

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Eine ehrliche Abrechnung mit ChatGPT aus Sicht einer Texterin

Als ich vor einigen Monaten in einem kleinen Café die ersten Worte mit ChatGPT austauschte, war mir klar: Das wird alles verändern – und in unserem Textteam wird es zuerst seinen Lauf nehmen. Ungläubig chattete ich mit dem anonymen neuronalen Netzwerk, tagelang, weil ich es nicht glauben konnte. Nicht nur in meinem Job würde es alles verändern, sondern nach und nach in jeder Branche, für jeden Menschen, für die ganze Welt – in einem Ausmaß, das wir uns noch immer nicht vorstellen können. Seit diesem Tag ist ChatGPT beinahe zu meinem engsten Arbeitskollegen geworden. Täglich chatte ich mit der KI, lasse sie mir assistieren, stelle ihr Fragen, gebe ihr Aufgaben, lobe und kritisiere sie (oder ihn).

Monate sind nun vergangen, seit ChatGPT quasi aus dem Nichts den Eintritt in eine neue Ära der Menschheit markiert hat. Und heute frage ich mich: Wie haben hochintelligente Chat- und Textgeneratoren den Alltag von uns Texter:innen seit dieser Zeit verändert? Was können wir für den zukünftigen Umgang mit ihnen lernen? Zeit, Bilanz zu ziehen – und Grenzen. Denn Vollzeittexten mit künstlicher Intelligenz ist eine Gratwanderung – zwischen Enthusiasmus und Aufregung, Unsicherheit und Erschöpfung.

Inhaltsverzeichnis

Evolution of human technology AI artificial intelligence chatbot robot timeline. Vector illustration depicts concept of future, digital transformation, gpt, robotic age, and technologies change.
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1. These: Enthusiasmus

Kreatives Schreiben ist eine Leidenschaft. Es lässt Visionen zur Realität werden und erschafft neue Welten. Im Marketing bedeutet es, Kund:innen ein maßgeschneidertes, perfekt sitzendes digitales Gewand für Ihr Business zu verleihen. 

Doch produktives Schreiben kann genauso Kraft rauben, wie kreatives Schreiben Kraft geben kann. Bei den vielen Kund:innen einer Agentur steht naturgemäß das produktive Schreiben im Vordergrund. Websites, Blogartikel, Pressemitteilungen und Slogans müssen raus – besser gestern als heute. Zeitdruck und Priorisierungen sind Teil des Alltags wirtschaftlich rentablen Schreibens. Und genau hier sahen, und sehen wir ChatGPT und andere Textgeneratoren als riesengroße Hilfe und Unterstützung.

Gerade bei repetitiven Aufgaben und branchenüblichen Mustertexten ist die KI eine so große Entlastung, dass wir nicht mehr auf sie verzichten können und mögen. Es gibt viele Kund:innen, die aus speziellen Branchen kommen, in die wir als Texter:innen nur begrenzt Einblick haben. Gerade bei wenig Kundenmithilfe ist ChatGPT hier eine magische Schreibfeder, die uns hilft, die wichtigen Begriffe, Leistungen und Produkte einer Branche zu ermitteln, Vor- und Nachteile herauszufinden, USPs zu entdecken und vieles mehr – ohne dafür stundenlang Google durchwühlen zu müssen. 

Und auch beim kreativen Schreiben, beispielsweise beim Finden von Wortassoziationen für kreative Headlines, ist ChatGPT eine wahnsinnig tolle Hilfe und zuverlässige Unterstützung bei Denk- und Schreibblockaden.

Der Enthusiasmus brannte wie unsere Finger auf den Tasten 

Und so entwickelte sich schnell ein KI-Enthusiasmus in unserem Team – so rasend schnell, wie die KIs selbst sich entwickelten. Endlich wieder mehr Zeit fürs Wesentliche, fürs “richtige Schreiben” zu haben – ein Traum wurde wahr! So dachten wir: Wir können uns jetzt ganz und gar auf die kreative und anspruchsvolle Arbeit fokussieren. Damit werden wir bessere Ergebnisse in kürzester Zeit liefern. Schnell sprangen auch andere im Unternehmen auf unseren “KI-Zug” auf. Und dann war da ein Wort, das immer lauter und präsenter wurde: Effizienz.

Schneller, höher, weiter: Das ist die große Versuchung von ChatGPT, Bard, Claude und Co. Texte werden jetzt mit einfacher Copy+Paste-Arbeit massenweise produziert – doch werden sie auch konsumiert, gelesen, gemocht? Warum sollte jemand einen Text auf einer Website lesen, der ihm in dieser Qualität auch von der KI selbst ausgegeben wird? Damit die Textqualität nicht von der Textquantität vom Feld getrieben wird, lernten wir schnell: KI darf nicht als Einbahnstraße verstanden werden. Sie kann die textliche Qualität nur verbessern, wenn wir sie ganz gezielt nutzen, anstatt uns blindäugig in jedem Kontext auf sie zu verlassen. 

2. Antithese: Erschöpfung

ChatGPT hatte nicht nur großen Einfluss auf unsere Textarbeit genommen, sondern auch auf unsere Gespräche. Mehrmals wöchentlich KI-Meetings, geteilte Screenshots von lustigen, guten oder schlechten KI-Texten, KI-Apokalypsen-News, KI-Sorgen-Talk, KI-Newsletter, KI-Workshops, Prompt-Tuning, KI-Software-Tests – und dann kam der Punkt, an dem wir uns fragten: Wer arbeitet hier eigentlich für wen? ChatGPT ging uns nicht mehr zur Hand – es hatte uns beinahe in der Hand.

Eine Frage wurde immer präsenter. Wer bin ich noch, als Texterin, wenn ich nur noch für mich texten lasse? Werde ich von der Texterin zur “Textmanagerin”? Aus den KI-Workshops wurden Identitätsworkshops. Rollenwechsel wurden geplant. Veränderungen in Arbeitsprozessen standen auf der Tagesordnung. Und zeitgleich wuchs unsere Erfahrung mit KI-Texten mehr und mehr. Mit wenigen Blicken konnten wir bald schon einen KI-Text von einem handgefertigten unterscheiden.

“Ich kann keinen KI-Text mehr sehen…”

Da saßen wir, verirrt in einem Dschungel aus Prompts und noch besseren Prompts, und hatten uns in eine Teamkrise gepromptet. Die Floskeln, die ChatGPT in die Texte einbaute, glichen sich so stark, dass bald im Team Sätze fielen wie “ich kann keinen KI-Text mehr sehen”. Nach und nach wurde uns klar, dass die Qualität der KI-Texte uns als erfahrenen Texter:innen nicht reichte und unsere eigenen Texte nicht ersetzen konnte. Und dass die Freude am Schreiben und auch Lesen unserer Texte bald schon einer “KI-Floskelwut” wich, die selbst die Qualitätssicherung anstrengend machte. Der Enthusiasmus wich mehr und mehr der Erschöpfung. 

Wir hatten uns in eine Textkrise gepromptet

Nach wenigen Monaten Arbeit mit (oder für?) ChatGPT wurden die Tasten C und V zu unserem Feindbild, der Begriff “Copy+Paste” zu unserer Antithese. Wir merkten, dass wir auf die Bremse treten mussten. Und zwar ordentlich. 

KI-Texte können menschliche Texte nicht ersetzen. Wie es in Zukunft aussehen wird, weiß keiner – doch unsere Vergangenheit hat uns gelehrt, dass es immer einen Platz für echte Handarbeit geben wird. Aus dem Online-Marketing ist KI nicht mehr wegzudenken und wird sicher viele repetitive Arbeiten und branchenübliche Texte in Zukunft autonom verfassen. Doch hier sehen wir nicht unsere Rolle als Texter:innen – diese Aufgabe bleibt innovativen KI-Baukastensystemen wie Wix überlassen. Unsere Aufgabe ist es, echte, kreative, einfühlsame Handarbeit zu texten – mit allen 10 Fingern und allen 100 Tasten. C und V dürfen natürlich bedient werden, sollten aber nicht die restlichen Tasten ersetzen.

3. Synthese: Balance

Heute haben wir, denke ich, eine Balance beim KI-Texten gefunden. Ja, wir haben unsere Effizienz gesteigert – aber nicht ins Unendliche. Ja, wir nutzen die KI als Hilfe – aber nicht als Ersatz. Und ja, wir möchten nicht mehr auf sie verzichten – aber noch weniger auf unsere eigenen Texte. Denn die sind einfach besser, echter und vor allem menschlicher. 

Sobald man die Balance gefunden hat, macht Texten mit KI erst richtig Spaß. Die Erfahrung bringt es mit sich, zu entscheiden: Wann nutze ich KI, wann nicht? Wie prompte ich richtig? Wie viel lasse ich die KI schreiben, wie viel arbeite ich selbst an dem Text? Wie gehe ich mit dem Thema Datenschutz richtig um? Welchen Tonfall beherrscht ChatGPT sehr gut, welchen eher weniger? 

Wir haben entschieden, uns mit der KI auf einen gesunden Mittelweg zu begeben. So macht der Weg der Veränderung wieder Freude und führt dazu, das, was wirklich zählt, nicht aus dem Blick zu verlieren: die hohe Textqualität für unsere Kund:innen.

Unser Fazit: ChatGPT wird die Branche der Worte verändern – aber wir haben noch ein Wörtchen mitzureden. Auch 100 KI-Worte können ein menschliches Wort nicht gänzlich ersetzen. Und das wird hoffentlich so bleiben.

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4 Kommentare zu “Texten mit KI: zwischen Enthusiasmus und Erschöpfung

  1. Liebe Lea,

    Danke für deinen Beitrag zur KI. Texte mithilfe der Künstlichen Intelligenz zu schreiben, erweist sich als ein zeitsparendes Mittel. Was allerdings qualitativ dabei ensteht, lässt häufig zu wünschen übrig. Lieber in erster Linie das von Meschenhand Geschriebene praktizieren und KI nur als Hilfestellung anwenden.

    Liebe Grüße
    Tamara

    1. Liebe Tamara,

      da hast du vollkommen recht! Unsere Aufgabe als Texter:innen ist es in Zukunft, Wege zu finden, KI für uns zu nutzen, ohne dabei an Textqualität einzubüßen. Das ist ein spannender Weg, und ich bin ganz deiner Meinung: KI sollte uns lediglich als Unterstützung dienen.

      Liebe Grüße 🙂
      Lea

  2. Liebe Lea,

    ein sehr gelungender Artikel. Deine drei aufgestellten Thesen sind nachvollziehbar und logisch dargelegt. Danke dir. 🙂

    Liebe Grüße
    Domi

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